Als am 22. Mai das Herz von Alt-Bürgermeister Romuald Niescher zu schlagen aufhörte, ging auch ein Kapitel der Innsbrucker Stadtgeschichte zu Ende. Von 1983 bis 1994 war Niescher Bürgermeister der Tiroler Landeshauptstadt. Im Beisein der Trauerfamilie gedachten die Innsbrucker Stadtregierung, VertreterInnen des Landes Tirol – mitunter Landeshauptmann Günther Platter sowie Landtagspräsident DDr. Herwig van Staa – sowie eine Vielzahl an weiteren Anwesenden dem Verstorbenen in einem Trauergemeinderat.
Der Platz des Vorsitzenden, den der Verstorbene selbst über ein Jahrzehnt innehatte, blieb dabei frei. Eine Kerze, Blumen und ein Bild erinnerten an dieser Stelle an Romuald Niescher.
Berührende Worte
Beim Trauergemeinderat sprachen einige Anwesende bewegende Worte. Bürgermeisterin Mag. Christine Oppitz-Plörer bezeichnete den Verstorbenen als Menschen mit Handschlagqualität. Mit den Anekdoten aus Nieschers Leben könne man ein dickes, schönes Buch füllen. „Bürgermeister Niescher leitete mit viel Engagement, Herzblut und Weitblick die Geschicke der Stadt, die er selbst immer als ,die schönste Stadt der Welt‘ bezeichnete. Er war ein vielschichtiger und vielseitiger Mann, der zu seinem Wort stand und mit dem wir immer verbunden sein werden. Der Wohnbau war einer seiner Schwerpunkte: von der Peerhofsiedlung bis zur Verbauung des Campingareals in der Reichenauer Straße. Das Freizeitareal am Baggersee, die Vergrößerung des Congress Innsbruck und der Bau der vieldiskutierten SoWi tragen unter anderem seine Handschrift“, so die Bürgermeisterin in ihrer Trauerrede.
Stadtrat Franz X. Gruber schloss sich an: „Wir verlieren mit Alt-Bürgermeister Romuald Niescher einen großen Innsbrucker und Freund. In seine Zeit fällt unter anderem auch die Grundsteinlegung der Synagoge in der Sillgasse. Das ist einer der vielen Belege des ihm so wichtigen Miteinanders in der Stadt und seiner christlich-sozialen Wertehaltung. Er hat nicht nur Bauten veranlasst, sondern hat es auch geschafft, die Menschen in den Mittelpunkt zu rücken und damit der Stadt – besonders dem Stadtteil Reichenau, an dessen Entstehen er maßgeblich beteiligt war – eine Seele zu geben.“
„Ich durfte gleichzeitig in den Gemeinderat einziehen, als Romuald Niescher Bürgermeister wurde. Über die Jahre, die spannend und turbulent waren, hat sich zwischen uns ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt, das von gegenseitigem Respekt geprägt war. Romuald Niescher war ein Meister der soliden politischen Auseinandersetzung. Bei aller Geradlinigkeit und dem Eintreten für seine Ziele, hat er sich selbst nie zu wichtig genommen. Ich bin Romuald Niescher dankbar für das, was er für unsere Stadt geleistet hat, und dafür, dass er immer geradlinig war und damit das Vertrauen der Menschen gewonnen hat“, erinnerte sich Stadtrat Mag. Gerhard Fritz.
Gemeinderätin Mag. Uschi Schwarzl ergänzte: „Romuald Niescher war für mich eine prägende und politisch beinahe väterliche Figur – obwohl wir unterschiedlichen politischen Parteien angehörten. Er hat nie den Blick auf das große Ganze verloren. Seine Wortmeldungen waren rar, aber stets treffend. Als ich als erste Frau in den Stadtsenat kam, war es Romuald Niescher, der die Zeichen der Veränderung erkannt hat und mir von Beginn an mit Wertschätzung begegnet ist. Dafür bin ich ihm dankbar.“
Gemeinderat Helmut Buchacher sprach im Namen der Innsbrucker Sozialdemokraten: „Romuald Niescher hat Großes für Innsbruck erreicht und zahlreiche bleibende Projekte für Stadt und Land umgesetzt. Dafür gebührt ihm Anerkennung und Respekt.“
Gemeinderat Christian Haager fand ebenfalls bewegende Worte: „Mit Romuald Niescher ist eine Zeit lang ein Mann an der Spitze der Stadt gestanden, der mutig war und zu seinem Wort gestanden ist. Er hat die Geschicke der Stadt mit Herzblut geführt und auch in weniger erfolgreichen Zeiten Charakter gezeigt. Auch nach seiner politischen Laufbahn zeichnete er sich durch Engagement und Humor aus. Wir werden ihm ein ehrwürdiges Andenken gewähren.“
FPÖ-Gemeinderat Winfried Vescoli erinnerte sich ebenfalls an den Verstorbenen: „Romuald Niescher war ein ,Bürger‘-Meister. Er hatte immer ein offenes Ohr für die Bevölkerung – das zeichnet für mich Alt-Bürgermeister Niescher aus. Er hat nicht seine Macht spielen lassen, sondern war einer von den Bürgerinnen und Bürgern. Ihnen hat er immer das Gefühl gegeben, dass sie ihm wichtig sind.“
„Hervorzuheben ist seine Einstellung zu Tradition und Heimatpflege. Bürgermeister Niescher war ein Tiroler Patriot, das ich ihm immer hoch anrechnete. Als zweites sei erwähnt, dass er in politischen Fragen auch seinen Kontrahenten entgegengekommen ist. Das entsprach seinem Charakter und seinem Empfinden für Recht und Gerechtigkeit. Im Leben eines Menschen spielt der Partner bzw. die Partnerin oft eine große Rolle und hier sei seine kluge Gattin Gertraud erwähnt, die dem verstorbenen Bürgermeister schon vor etlichen Monaten vorausgegangen ist. Zwei Menschen um die wir zu Recht trauern“, so sprach Helmut Kritzinger, Gemeinderat des Innsbrucker Seniorenbundes, über den Verstorbenen.
Seitens des Landes Tirol wurde Romuald Niescher ebenfalls Tribut gezollt. Landeshauptmann Günther Platter zeigte sich tief gerührt: „Die Stadt Innsbruck trägt Trauer – und so auch das gesamte Land Tirol. Ich kannte Romuald Niescher lange und gut. Er war ein leidenschaftlicher Innsbrucker, aber auch ein ‚gestandener‘ Tiroler und Europäer. Wenn wir uns heute und morgen von ihm verabschieden, haben wir ein gemischtes Gefühl: Einerseits Trauer, da wir uns verabschieden müssen, andererseits Dankbarkeit für das, was er für Innsbruck und Tirol geleistet hat.“
Im Anschluss an die Trauersitzung des Gemeinderates begab sich die Versammlung in die Georgskapelle des Alten Landhauses, um vom dort aufgebarten Verstorbenen Abschied zu nehmen. (IKM)